Denn sie wissen, was sie tun

David de Rothschild ist Spross der berühmten Bankiersdynastie, er könnte sich auf seinem Erbe ausruhen. Stattdessen will er auf abenteuerliche Weise gegen Umweltzerstörung protestieren – indem er den Pazifik auf einem Boot aus Müll überquert. Und er ist nicht der einzige Vermögende, der sein Herz für die Natur entdeckt hat

Man muss verrückt sein. Allein schon, um monatelang in so einer zugigen Halle zu hausen: vielleicht hundert Meter lang und fünfzig breit, kalter Betonboden, nackte Wände, vergilbte Fenster, das Dach getragen von einer komplizierten Konstruktion aus Stahl- und Holzstreben, die seit Jahrzehnten keinen neuen Anstrich mehr bekommen haben. An einer der Tragsäulen liegt, gleich neben einem Paar ordnungsgemäß ausgelatschter Vans, ein Aufblas-Globus, „World Discovery“ steht darauf. Diese Plastikerde ist das perfekte Symbol dafür, was in den letzten Monaten in dieser Halle am Pier 31 im Hafen von San Francisco passiert ist; weshalb mehr als dreißig Leute ihre Tage und zunehmend auch ihre Nächte damit verbrachten, etwas vollkommen Verrücktes zu versuchen: ein Boot zu bauen, wie es noch keines zuvor gegeben hat, ein total recycelbares, das selbst hauptsächlich aus Müll gemacht ist.

Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

Der Mann, der sich das ausgedacht hat und größtenteils bezahlt (ein paar Sponsoren helfen schon auch), will Ende November in
See stechen und über den Pazifik segeln, von San Francisco bis nach Sydney, knapp zehntausend Seemeilen in vier Monaten. Um der Welt zu zeigen – und drunter macht es David de Rothschild nicht, die Welt ist ihm gerade genug -, wie zugemüllt die Meere sind; was man aus all dem Müll machen könnte; und dass eine solche Reise wirklich klappt.

Natürlich ist das verrückt. Vielleicht ist es sogar sinnlos. Zumindest in dem Sinne, dass David de Rothschild, Spross der berühmten Bankiersdynastie, mit der Konstruktion seines 18 Meter langen Öko-Katamarans „Le Plastiki“ eher bewiesen hat, dass Hausmüll zumindest für den herkömmlichen Bootsbau heute eigentlich kein geeignetes Material ist. Denn er und seine Crew sind bei der Konstruktion auf unzählige technische Probleme gestoßen. Eine lange Liste hat jemand mit grünem und rotem Edding auf eine weiße Tafel geschrieben, die in einer Ecke der Halle steht; das Unterfangen trieb die Designer, Wissenschaftler und Kreativen, die David de Rothschild alle selbst ausgesucht hat, zwischenzeitlich fast zur Verzweiflung.
Moderne Boote werden normalerweise aus Fiberglas gebaut, einem unglaublich harten, aber sehr leichten Gießharz, das auf ein Gewebe aus feinen Glasfäden gegossen wird – was es unmöglich macht, das Material zu recyceln. Kein vollständig recycelbares Material kann jedoch eine vergleichbare Stabilität erreichen – also musste das Design des Bootes eventuelle Materialschwächen kompensieren. Gleichzeitig war klar, dass die Reise von großem Medienaufsehen begleitet würde, daher sollte das Boot ikonenhaft und eindrucksvoll aussehen. Und dabei selbstredend trotzdem vorbildlich im Hinblick auf Umweltschutz sein, indem es zum Beispiel seine eigene Energie produziert und keinerlei Emissionen ausstößt.
Die größte Schwierigkeit war es, den Rumpf des Bootes herzustellen: Alle Prototypen aus Plastik erwiesen sich als instabil. „Wir haben auf der ganzen Welt nach anderen Möglichkeiten gesucht und stießen schließlich in Dänemark auf ein paar Typen, die mit srPET arbeiteten“, sagt Rothschild. Das Material srPET ist eine revolutionäre Plastik-Sorte, die zu hundert Prozent abbaubar ist, immer wieder eingeschmolzen und neu verwendet werden kann. Der herkömmlichere Teil PET steht für Polyethylenterephthalat, einen Plastik-Harz und bruchsicheres Polyester, aus dem Kunststoffflaschen hergestellt werden – und aus dem nun eben die Bootsteile des Plastiki bestehen, die dann noch teilweise mit einem Epoxidharz aus Cashewnüssen und Zucker gebondet wurden.

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Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

„Build the boat!“, diese Aufforderung, die in der Halle auf der weißen Tafel fast trotzig neben der langen Problemliste steht, wurde schlussendlich also erfüllt. Doch weil das Unternehmen Millionen Dollar verschlungen hat, würde auch David de Rothschild nicht behaupten, dass er damit gerade die Zukunft des Müllrecycling erfunden hat. Eher en passant haben seine Leute zusätzlich ein paar Sachen selbst entwickelt, zum Beispiel eine kleine Anlage, die Meerwasser in Trinkwasser umwandelt, und ein „Trennklo“, das die Ausscheidungen der Segelcrew gleich in Dünger verwandeln soll; nützlich, aber den ganzen Aufwand vielleicht doch nicht wert. Jeder vernünftige Mensch hätte die insgesamt 12500 Kunststoffflaschen, die Rothschilds Crew eingeschmolzen, mit Trockeneis druckdicht gemacht und schließlich in dem Katamaran verbaut hat, eher zur Leergutannahme gebracht und den Pfand kassiert. Um Vernunft geht es hier aber nicht, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Der 31-jährige David de Rothschild ist auf einer Mission, sie heißt Umweltschutz. Ums Abenteuer geht es ihm natürlich auch, davon wird er reichlich haben auf der Seereise. Und ganz nebenbei kann er einem Haufen von Leuten beweisen, dass er kein nichtsnutziger Millionenerbe ist. Rothschild will etwas verändern: die Welt, klar.

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Skipperin Jo, Enkelin des norwegischen Abenteurers Thor Heyerdahl. Ihr Großvater überquerte auf einem Floß den Pazifik, sie wird es auf einem Boot aus Plastikflaschen tun. Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

David de Rothschild ist ein fleischgewordener Traum für gut-aussehende Öko-PR: fast zwei Meter groß, schulterlange Haare, gepflegter Vollbart, lässige Klamotten. Der englische Upper-Class-Akzent weist ihn auf Anhieb als Mitglied des britischen – und nicht etwa des französischen – Zweiges seiner Familie aus. Die Rothschilds, die ursprünglich aus Frankfurt am Main stammten und im 19. Jahrhundert als Finanziers der europäischen Könige zu den einflussreichsten Bankiers der Welt wurden, sind noch immer im Bank-Business tätig. David ist das jüngste der Kinder von Sir Evelyn Robert de Rothschild, sein Vater leitete bis 2003 den englischen Zweig des Banken-Imperiums. David wuchs zusammen mit seinen Geschwistern – Jessica, einer Theaterproduzentin, und Anthony, einem Musikverleger – in London und in Ascott House, dem Familienbesitz in Buckinghamshire auf. Seine Familie ist mitunter etwas befremdet von David de Rothschilds Umweltaktivismus. „Du könntest doch auch einfach auf dich aufmerksam machen, indem du den Umweltminister mit Eiern bewirfst“, soll Anthony seinem kleinen Bruder David einmal geraten haben – aber Passivität war noch nie dessen Sache.
Er galt als wildes Kind, das nie stillsitzen konnte, sondern sich ständig von Bäumen, Dächern und aus Fenstern stürzte: Heutzutage würde man bei ihm wahrscheinlich Hyperaktivität diagnostizieren und ihn mit Ritalin vollstopfen. Stattdessen setzte David als Jugendlicher seine unglaubliche Energie in Sport um: Er bewies sich als begabter Triathlonathlet, glänzender Springreiter und machte Kite-Skiing. Seine Mutter Victoria, eine Amerikanerin, die sich im Jahr 2000 von Sir Evelyn scheiden ließ, erzählte einmal, dass sie immer Todesängste ausstand, wenn David mal wieder übers Wochenende zum Bungee-Jumping zu den Victoriafällen geflogen war. Bruder Anthony hat sich bis heute nicht an Davids Tollkühnheit gewöhnt: „Ich bin sicher, dass mein extremes Sicherheitsbewusstsein mit David zu tun hat“, sagte er in einem Interview mit dem amerikanischen New Yorker. „Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, ihm immer zu sagen: ‚Nein, David, lass das. Tu das nicht, David. Mach es nicht.’“

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„Le Plastiki“ im Rohzustand: Für den Bau des 18 Meter langen Katamarans wurden ausschließlich recyclebare Materialien verwendet. Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

Aber David de Rothschild hat sich noch nie von irgendwelchen Bedenken abhalten lassen. Auch nicht von Neidern, die ihn als „Hochfinanzsöhnchen“ bezeichnen und ihm raten, sich doch „ein Müllschiff aus alten Champagnerflaschen“ zu bauen.
Mit seinem teuren Action-Aktivismus aber ist David de Rothschild längst nicht mehr allein. Mittlerweile gibt es einen regelrechten rich boys club von Hochvermögenden, Berühmten und Millionenerben, die sich für den Erhalt der Umwelt tatkräftig einsetzen. Fürst Albert von Monaco hat an einer ausgedehnten Arktisexpedition teilgenommen und mittlerweile neben dem Nord- auch den Südpol besucht, wo der niederländische Thronfolger Willem-Alexander ebenfalls bereits war; Leonardo DiCaprio hat die Umweltdoku “11th Hour” gedreht und sich von Annie Leibowitz für die unmittelbar legendäre „Green Issue“ der amerikanischen Vanity Fair auf einem isländischen Gletscher fotografieren lassen – so hat sich DiCaprio also im Dienste der Natur immerhin mal echt kalte Füße geholt. Was verglichen mit dem Einsatz von David de Rothschild und Sebastian Copeland allerdings total harmlos ist.

Rothschild und Copeland, der Fotograf ist, Vorsitzender der US-Umweltschutzorganisation Global Green und nebenbei noch Cousin von Orlando Bloom, sind wohl die beiden Extremsten im Club der guten Jungs: Sie meinen es richtig ernst mit ihrem Einsatz für die Umwelt. Und schließen mit ihren Expeditionen zugleich an die Tradition des exzentrischen englischen Abenteurertums an, das einst der tragische Antarktisforscher Sir Robert Falcon Scott begründete und bis heute vom Pol-Wanderer Ranulph Fiennes fortgesetzt wird, den das Guinnessbuch als „größten lebenden Abenteurer“ führt. Copeland und Rothschild kennen einander gut, Rothschild wollte Copeland sogar mitnehmen auf seine Pazifiküberquerung. Doch der hat andere Pläne, im Januar zeigt er auf dem Sundance-Festival seinen Dokumentarfilm über den Nordpol und zugleich bereitet er sich bereits auf seine nächste Expedition vor: Im kommenden Frühjahr will Copeland sich zu Fuß und auf Kite-Skiern zum Eis-Kap nach Grönland aufmachen, das mit rasender Geschwindigkeit schmilzt; anschließend plant er noch eine 60-tägige Reise an den Südpol.So setzen Rothschild und Copeland in gewissem Sinne auch die Tradition der Abenteurer-Duelle fort: Scott gegen Roald Amundsen am Südpol, Robert Edwin Peary gegen Frederick Cook am Nordpol, die ewigen Wettrennen um die Erstbesteigungen von Gipfeln oder in den letzten Jahren die Ballonduelle zwischen Richard Branson, Steve Fossett und Bertrand Piccard. Auch die Letztgenannten verbanden ihre Naturerlebnisse bereits mit dem Einsatz für die Umwelt, wurden aber, anders als Copeland und Rothschild, nie zu echten Aktivisten mit eigener Organisation.
Rothschild gründete seine „Adventure Ecology“ nach seinem Antarktis-Trip 2004: Da wurde aus dem Abenteuerneuling der Aktivist. Adventure Ecology richtet sich vor allem an Schulkinder und leistet Bildungsarbeit. Rothschild glaubt, dass umweltfreundliches Handeln kein abstraktes Konzept sein darf. „Wir brauchen die Unterstützung von so vielen Menschen wie möglich“, sagt er. „Ich glaube fest, dass die Probleme sich alle lösen lassen. Wir haben die notwendigen Technologien – uns scheint nur der gemeinsame Wille zu fehlen.“

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Pier 31 im Hafen von San Francisco: Hier haben zeitweise mehr als dreißig Leute an David de Rothschilds Traum von einem Boot aus Müll gebaut. Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

Mit seiner ersten Reise in der neuen Mission als Aktivist wollte er auf die Klimaerwärmung aufmerksam machen: Am 3. März 2006 brach er mit drei Mitreisenden und 16 Schlittenhunden auf, um über das Kap Artichesky in Russland bis hin nach Ellesmere Island in Kanada den Nordpol zu überqueren. Die gesamte Reise dokumentierte er täglich in einem Blog auf der Adventure-Ecology-Webseite. Das Unternehmen selbst wurde zu einem wahren Höllentrip. Bei minus 30 Grad Celsius begann die Reise. Immer wieder verfolgten hungrige Eisbären das Team und die Schlittenhunde; einer versuchte gar, die Warn-Fackel zu fressen, die zur Abschreckung in seine Richtung gefeuert wurde. Auf dem Weg durch die grönländische Eiswüste stellten sie noch einen Weltrekord auf, in dem sie diese in nur 100 Tagen durchquerten. Doch je mehr sich die Truppe dann Kanada näherte, desto höher kletterten die Temperaturen: Das schmelzende Eis bildete Schollen und reißende Kanäle, die sich nur noch per Seil überqueren ließen. Das war schon für Rothschild und seine Gefährten schwierig, noch schwieriger aber gestaltete es sich für die Schlittenhunde. Irgendwann wurde es so kompliziert, die Schlittenhunde über die Kanäle zu transportieren, dass das Team beschloss, die Hunde auszufliegen. Rothschild und seine drei Reisegefährten mussten ihr Gepäck nun selbst tragen, teilweise schafften sie nur noch anderthalb Kilometer pro Tag. Schließlich machte das schmelzende Eis es gänzlich unmöglich, die Expedition fortzusetzen. Rothschild war gezwungen, auch sich und sein Team ausfliegen zu lassen.

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Mittlerweile ist die Plastiki fertiggestellt. Monatelang hat David de Rothschild mit seinem Team daran gebaut. Ende November soll die Segelexpedition losgehen – mitten hinein in den „Great Pacifi c Garbage Patch“, eine Art gigantischen Müllstrudel auf See. Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

Die Expedition war gescheitert und dennoch sorgte sie für großes Aufsehen: Die Adventure-Ecology-Webseite wurde über zwei Millionen Mal besucht in der Zeit, und die Anfragen von Schulen, in denen Rothschild Referate halten sollte, rissen nicht mehr ab. Seit 2005 hat er jedes Jahr Dutzende Vorträge vor Schülern, in Firmen und auf Ökologie-Symposien gehalten. Das ist der Sinn seiner Sache: „Abenteuer-Expeditionen an sich sind eine ziemlich eigennützige Angelegenheit“, sagt er. „Es geht ja nur um einen selbst und die eigenen Ziele. Deshalb wollte ich eine andere Ebene dazubringen und Aufklärung zum Hauptinhalt machen.“
Nach seiner Rückkehr von der Nordpol-Reise hörte Rothschild dann das erste Mal vom Great Pacific Garbage Patch, einem gigantischen, entsetzlichen Mahnmal der modernen Wegwerfwelt, in seiner Ausdehnung zweimal so groß wie Frankreich: eine Art Meeresstrudel aus schwimmendem Müll, aus Plastikflaschen, Styropor und Plastiktüten, der sich im Pazifik gebildet hat. Rothschild fand, dass man die Menschen auf dieses eher unbekannte Phänomen hinweisen musste. Zugleich, und das kennzeichnet Rothschilds Engagement, begriff er die metaphorische Wirkung dieser Meeressuppe wie ein Politwerber: „Müll ist nichts Abstraktes wie Klimawandel oder Eisschmelze, das sind Begriffe, die man Menschen nur schlecht vermitteln kann. Müll ist nicht abstrakt. Jeder von uns verwendet Plastik. Jeder von uns kann dafür sorgen, dass er weniger Müll produziert.“

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Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

Der Great Pacific Garbage Patch wurde 1997 von dem kalifornischen Seemann, Surfer und Umweltschützer Charles Moore entdeckt, als er von einer Segel-Regatta in Hawaii auf dem Weg nach Hause war. Überall um ihn herum schwamm Plastik, bis zu einer Tiefe von zehn Metern konnte man noch bunte Teilchen erkennen, die wie Schneeflocken oder Fischfutter unter der Wasseroberfläche herumwirbelten. Mittlerweile weiß man von vier weiteren Müllstrudeln in den Ozeanen, die von Plastikmüll der Küsten Japans, Chinas, Mexikos und der westlichen Küste der USA „gespeist“ werden ebenso wie von Schiffen auf See. Der Plastikabfall wird in die Strömungen der Meere gezogen und rotiert für immer in den Strudeln. Laut Umweltstudien der UN sterben jedes Jahr über eine Million Seevögel durch Plastik und weitere hunderttausend Meeressäuger und Schildkröten. Bei Obduktionen findet man in den Mägen toter Seevögel und Schildkröten häufig Flaschenverschlüsse, Taschenkämme, Plastikfeuerzeuge, Tampon-Applikatoren, Spielsachen, Spritzen, Tüten. Entweder ziehen die Tiere sich gleich innerliche Verletzungen an scharfkantigem Plastik zu oder sie verenden langsam an einer Art Plastikverstopfung. Außerdem sind die meisten Kunststoffarten nicht abbaubar, sondern zersetzen sich in immer kleinere Polymere. Diese umherschwimmenden Partikel werden von Plankton und Quallen gefressen, die ihrerseits von Fischen verschluckt werden – die wiederum, vergiftet, in die Nahrungskette gelangen. „Was machen wir, wenn es keine Fische mehr gibt, kein Trinkwasser?“, fragt Rothschild. „Erzeugen wir dann alles selbst?“
David de Rothschild will sich nicht abfinden. Er will Aufmerksamkeit schaffen – und dabei, das würde er nicht bestreiten, sucht er die größtmögliche öffentliche Aufmerksamkeit, die größtmögliche körperliche und geistige Herausforderung, den größtmöglichen Spaß. Am Pier 31 im Hafen von San Francisco ist mittlerweile fast alles dafür vorbereitet. „Le Plastiki“ wird nicht einfach über den hübschen Teil des Pazifiks schippern; David de Rothschild will mitten hinein steuern ins Great Pacific Garbage Patch im subtropischen Wirbel des Nordpazifik, und im Internet wird man ihn dabei beobachten können, auf leplastiki.com wird alles gezeigt. Als Skipperin lenken wird das Boot die Enkelin des norwegischen Abenteurers Thor Heyerdahl, der 1947 mit einem Floß aus Balsaholz ebenfalls den Pazifik durchsegelte, das Floß hatte er „Kon-Tiki“ getauft. In Anlehnung daran kam auch der Name von Rothschilds Plastiki zustande. Von Symbolik und Abenteurertradition versteht David de Rothschild eben auch sehr viel. Und dass Heyerdahls Enkelin, eine herbe Blondine, auch noch gut aussieht – nun ja, das stört bei einer viermonatigen Reise nicht wirklich.

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Foto: Luca Babini und Sebastian Copeland

David de Rothschild könnte seine Zeit damit verbringen, an sieben Tagen der Woche nichts als Sohn zu sein. Macht er aber nicht. Er nutzt das viele Geld, die Beziehungen und Möglichkeiten, die ihm seine Herkunft beschert haben, um die Welt wenigstens ein bisschen zu retten. Er nutzt seine Furchtlosigkeit und seine Energie, um sich genau anzusehen, was mit der Welt passiert; und von seinen Reisen schickt er Podcasts, Internetvideos und Blogs, damit möglichst viele andere davon erfahren. Er ist ökologisch korrekt, ohne biestig zu sein, modern, aber ein Aristokrat, der Verantwortung übernimmt. Natürlich kennt er sich aus mit PR. Soll man ihm das vorwerfen? „Wir leben nun mal in einer Welt, die von Events besessen ist“, sagt er selbst. „Also müssen wir Events kreieren, damit die Welt genauer hinsieht.“ Wie ist ihm zumute vor der Expedition auf der Plastiki? Fürchtet er sich gar nicht? David de Rothschild lächelt. „Das ist doch das Abenteuer“, sagt er. „Wenn es einfach wäre, würden ja alle Leute da draußen in Plastikflaschen-Booten herumschippern.“

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