Nächste Ausfahrt Zukunft

Elektronisch betriebenene Green Cars galten bislang als Gefährte für Teetrinker. Nun hat BMW mit dem „Vision Efficient Dynamics“ einen echten Sportwagen geschaffen, der aussieht, als würde er Testosteron tanken. Hier posiert das Topmodell in einem Exklusivshooting. Und Kreateur Adrian von Hooydonk erzählt liebevoll über sein Baby

von Jürgen Lewandowski und Susie von den Stemmen , Fotos von Andreas Mierswa undMarkus Kluska

 

Am 3. Februar 2009 übernahm der gebürtige Niederländer Adrian van Hooydonk die Position als Leiter BMW Group Design. Damit verantwortet er die Entwicklung des Designs der Marken BMW, Rolls-Royce und MINI. Van Hooydonk kam 1992 nach der Ausbildung an der Delft Polytechnic University in Holland und am Art Center Europ in Vevey/Schweiz als Designer zu BMW in München. 2000 ging er zur Tochtergesellschaft BMW Group Designworks USA nach Kalifornien; von 2001 bis 2004 leitete er die international renommierte Designagentur. Im Jahr 2004 übernahm er unter BMW-Group-Designchef Christopher Bangle die Leitung des Marken-Designstudios BMW Automobile. Jürgen Lewandowski sprach mit dem Nachfolger von Chris Bangle, der seinerseits 17 Jahre lang bei BMW die Formensprache definierte.

Wie hat sich Ihre Arbeit – ein halbes Jahr nach dem Wechsel an die Spitze des BMW-Group-Designs – verändert?

Die Tage haben noch mehr Arbeitsstunden – aber das war zu erwarten, wenn man die Designsprache von drei so unterschiedlichen Marken wie BMW, MINI und Rolls-Royce koordinieren kann, doch letztlich kommt es nur darauf an, sich die Zeit für die Designberatung und die Empfehlungen zu nehmen und tagtäglich zu klären, wohin wir wollen. Wo die ästhetische Zukunft liegt. Und die Zeit dafür ist da – denn mein Arbeitgeber bezahlt mich für meine Kreativität und nicht dafür, ein großes Team mit weltweit verteilten Designzentren zu organisieren.

Wie hält man in diesen Zeiten, in denen gespart werden muss, ein solches Team bei Laune? Wird die Modellvielfalt nicht geringer?

Ganz im Gegenteil: Die Wirtschaftskrise führt zu mehr Arbeit, zu mehr Motivation – denn sie verlangt nach neuen Autos, nach anderen Konzepten, die neue Kriterien zu erfüllen haben. Und das ist Motivation genug – das Team spürt, dass es seinen Beitrag zu einer Zeitenwende leisten kann. Und damit ist auch Leidenschaft im Spiel – und dass die Vielfalt abnimmt und das eine oder andere Konzept nicht realisiert wird, stört nicht weiter. Es sind noch nie alle denkbaren Varianten in Serie gegangen.

Man gewinnt das Gefühl, dass große, PS-starke Modelle nicht mehr so goutiert werden – welche Auswirkungen hat das in einem Konzern, der die „Freude am Fahren“ stets hochgehalten hat?

Keine Frage – es werden andere Autos kommen. Das Thema Profitabilität spielt eine deutlich wichtigere Rolle, aber BMW wäre schlecht beraten, wenn man die über Jahrzehnte gewachsenen Stärken – und dazu gehört auch die „Freude am Fahren“ – vernachlässigen würde. Für die Top-Modelle wird es immer einen Markt geben. „Downsizing“ ist auf vielen Ebenen vorstellbar, etwa bei Gewicht und Ausstattung. Es kommt zweifellos auch eine Generation kleinerer Fahrzeuge. Diese „Kleinen“ müssen viel können, werden aber nicht auf Attribute wie Chic, Attraktivität, Eleganz und Dynamik verzichten – das sind die Kernwerte unserer Marken.

Wird diese Neuausrichtung auch die M-Modelle – eines der Herzstücke des BMW-Selbstverständnisses – berühren?

Fahrfreude ist doch keine Schlacht um stetig steigende PS-Zahlen. Dazu gehören vor allem Begriffe wie Leistungsgewicht, technische Effizienz und Fahrdynamik. Die PS-Zahlen werden langfristig abnehmen – doch die Fahrfreude wird bleiben. Wie wir uns diese neue Fahrdynamik vorstellen, zeigt die IAA-Studie „BMW Vision Efficient Dynamics“. Ihr Verbrauch: 3,8 Liter im DIN-Wert und einen CO2-Wert von 99 Gramm pro Kilometer – so liefert die Studie eine erste Kostprobe für den „Look BMW Efficient Dynamics“.

Was werden diese Veränderungen durch alternative Antriebsformen für das Design bei BMW bedeuten? .

Die nächsten BMW-Generationen müssen die dynamische Effizienz, die uns die Technologie bieten wird, verkörpern. Die Technik wird Quantensprünge erleben – und wir Designer müssen diese Fortschritte aufregend und dynamisch interpretieren. Design muss attraktiv und begehrlich bleiben. Wie das aussehen kann, zeigt unsere IAA-Studie – zwar überzeichnet und radikal, doch die Richtung ist hier erkennbar.

Nicht nur in Japan wächst eine Schicht von Jugendlichen heran, die sich – wegen des teuren Unterhalts, fehlender Parkplätze und stets verstopfter Straßen – ein Leben ohne Auto vorstellen können. Haben die Designer hier eine Chance gegenzusteuern? Kann Design solche Trends überhaupt beeinflussen?

Japan zeigt auf besonders extreme Art und Weise, welche Probleme diese Industrie lösen muss, damit der Traum von individueller Freiheit und Mobilität eine Perspektive hat. Deshalb gehen unsere Designer als Kundschafter in diese Märkte und ihre Beobachtungen geben uns die Richtung vor – ein Beispiel dafür ist das BMW Projekt „Mega City Vehicles“. Deshalb müssen wir lernen, dass individuelle Mobilität immer wieder neu zu definieren ist – wer weiß: Vielleicht besteht die „Freude am Fahren“ eines Tages nur noch aus einem Ausflug am Sonntag?

Welches ist Ihr ganz persönlicher Favorit in der großen MINI-/BMW-/Rolls-Royce-Palette?

Immer das letzte, das neueste Auto – hier steckt das Herzblut drin. Zurzeit also die IAA-Sportwagenstudie. Und mir gefällt auch der neue Rolls Royce Ghost sehr gut – er wird das Image von Rolls Royce stärker beeinfl ussen, als wir uns das derzeit vorstellen können.

Hört man den Design-Meister so reden, flattern einem unweigerlich schöne, grüne und aufregende Bilder der Zukunft durch den Kopf. Sogar sehr realistisch sind diese Bilder, hat man doch nur noch den Wunsch nach Nachhaltigkeit, um endlich auch ein besserer Mensch zu werden und um sich ein bisschen wie Robin Hood zu fühlen.
Man stelle sich einfach nur mal folgende sich in der Zukunft ereignende Situation vor: Man kommt nach einem langen Arbeitstag voller Telefonate, Mailbearbeitung und Meetings in sein schickes, nachhaltig gebautes Eigenheim. Man stellt das iPhone in die Dockingstation und hängt sein Auto liebevoll an eine Steckdose, wo es die ganze Nacht betankt werden kann.
Besteigt man dann am nächsten Morgen den nicht nur effizienten, sondern auch schönen Sportflitzer, hat man eben wieder genau dieses wohlige Gefühl, den Verbrauch eines Öko-Autos zu haben, allerdings das Ganze ausgestattet mit der Fahrleistung eines Supersportwagens. Man möchte also schon morgens in den unverschmutzten Himmel schreien: „You made my day!“
So können die Tage starten, noch mehr, wenn man weiß, dass in der Abgasanlage ein Generator integriert ist, der die Wärmeenergie des Abgases in elektrischen Strom umwandelt.
Früher hieß es ganz schnöde: „Wer bremst verliert“, jetzt mit der neuen Vision, Verzeihung, unterm Hintern, werden die Lithium-Polymer-Akkus, die Elektromotoren benötigen, durch Bremsen aufgeladen. Meine Damen, es ist also nicht mehr verwerflich, auf der Bremse zu stehen.
Jetzt fragt man sich natürlich, warum einem diese schicke Nachhaltigkeit in Form einer Flunder noch lange verwehrt bleiben wird?

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